Der Zunderschwamm – der Vorgänger des Streichholzes

Ein Wald ohne Pilze? Unvorstellbar. Das Ökosystem Wald braucht sie. Gäbe es keine holzzersetzende Pilze und andere holzzersetzende Arten, dann sähen unsere Wälder ganz anders aus. Meterhoch würde sich das Totholz stapeln.

Überall lägen vom Sturm umgeknickte oder durch Schädlinge zu Grunde gerichtete Bäume kreuz und querKein Platz mehr für nachwachsendes, frisches und starkes Grün. Doch zum Glück: Die Pilze räumen auf im Wald. Ganz besonders fleißig bei der Arbeit ist der Zunderschwamm. Er besiedelt das Holz mächtiger alter Baumriesen.  

Hufeisenförmig kleben die Fruchtstände am Baum – fünf bis 30 Zentimeter groß und knorrig. Dieser Fruchtstand kann bis zu 30 Jahren alt werdenSeine Farbe variiert von weiß über grau bis zu schwarz. Der eigentliche Pilz aber lebt im Holz. Der Zunderschwamm (Fomes fomentarius) zersetzt erkrankte, geschwächte oder sterbende Bäume, bevorzugt Buchen oder BirkenSeine Sporen dringen durch Ast- und Stammwunden in das Kernholz ein und verursachen eine intensive Weißfäule, d.h. sie zersetzen Cellulose, Hemicellulose und sogar das Lignin. Zurück bleibt nach getaner Arbeit ein helles und weiches Holz. Das wiederum dient vielen Käfern, Ameisen und anderen Insekten im Wald als Nahrungsgrundlage und Lebensraum. So schafft der Zunderschwamm in jahrelanger Fleißarbeit langfristig nicht nur Platz für neue Bäume. Durch die Zersetzung entsteht auch neuer Waldboden.  

Begehrter Heilpilz und Brandbeschleuniger  

Der Zunderschwamm trägt seinen Namen aus gutem Grund. Schon vor 10.000 Jahren war er für unsere Vorfahren ein äußerst praktischer kleiner Helfer. Auf die aufbereitete locker-filzige Mittelschicht des Pilzes wurden Funken geschlagen und so Feuer entfachtDas war das Feuerzeug der Menschen von der Steinzeit bis zur Entwicklung des Zündholzes 

Aber auch als Heilpilz ist der Zunderschwamm seit Jahrtausenden bekannt. Schon in der Antike verwandte der berühmte griechische Arzt Hippokrates den Zunderschwamm bei Operationen, um Blutungen zu stoppen. Vor allem in der Volksmedizin Chinas und Russlands war der Zunderschwamm wegen seiner entzündungshemmenden Wirkung gefragt. Aus seinem Fruchtkörper lässt sich für medizinische Anwendungen Tee oder Pulver zubereiten. 

Da es jedoch kaum noch naturbelassene Wälder mit alten Baumveteranen bei uns gibt, wird auch der Zunderschwamm immer seltener. Wer ihn im Wald entdeckt, kann sicher sein, dass es hier keine intensive Forstwirtschaft gibt. Hier darf der Wald wieder Wald sein. Zunderschwämme mit zahlreichen großen Fruchtkörpern dienen als Zeigerart für naturnahe Wälder. Der Zunderschwamm ist der Charakterpilz des Nationalparks Hainich und prägt hier gemeinsam mit der Rotbuche das Waldbild.